Autopilot für Boote, selbst gebaut
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Der Gedanke war ein preiswerten und machbaren Autopilot für ein
Segelboot im Eigenbau zu realisieren.  Um endlich mal ein Bier holen
zu können ohne gleich eine ungewollte Wende zu machen.

Das Hauptproblem war ein preiswerten Kurs-Sensor zu realisieren,
welcher mit wenig Aufwand selbst gebaut werden kann.
Ich kaufte zuerst ein KMZ10 um festzustellen, das dieser IC keine
brauchbaren Daten vom Erdmagnetismus liefert. 
Dies ist möglich mit dem KMZ51 und zusätzlicher Elektronik.
Diese Bausteine werden fertig angeboten ab einem Preis von Euro 45,- aufwärts. 
Eine umfangreiche Elektronik ist dann aber immer noch notwendig,
weil das Ausgangssignal in Form von Impulsbreitenverhältnissen vorliegt.
Ich kaufte mir also einen digitalen Kompass für Kraftfahrzeuge.
Eine zusätzliche digitale Anzeige, so dachte ich wäre ja auch nicht schlecht.
Meine Versuche dieses Signal abzugreifen und auszuwerten, dauerten nicht
sehr lange, weil ich die teure Anschaffung in den Elektronikhimmel gemessen
hatte.  Also rein in den Mülleimer und tief Luft holen.
Versuche den Kurs von einem Kompass optisch ab zugreifen
gingen voll in die Hose, denn ich hatte den Kompass angebohrt um
die optischen Teile einzubauen. Das Resultat war eine verölte Sauerei
wohin man blickte und ich war erstmal fertig mit der Welt.

Ich wäre nicht ich, wenn mir der Gedanke Ruhe lassen würde.
Nach einer MUP-Phase (Methode des Unbekümmerten Probierens) mit dem
KMZ10, einigen Magnete und einen neu gekauften und wieder ölgedämpften
Sportkompass, stelle ich fest das ja die Nadel des Kompasses auch ein
Magnet ist.  Ja logisch - aber erstmal darauf kommen.
So hatte ich endlich meinen Kurssensor den ich nun erstmal einigen
Messungen unterzog. Ich bemerkte schnell das der beste Platz im Drehpunkt
der Kompassnadel war. Dazu klebte ich den kleinen IC auf die drehbare Rose
des Kompasses genau über den Mittelpunkt der Nadel.

Die magnetempfindliche Widerstandsbrücke des KMZ10 erzeugt etwa
plus/minus 50mV je nach Richtung und Stärke des Magnetfeldes.
Die gleiche Polarität wird auf dem gesamten Halbkreis der Kompassnadel erzeugt.  
Bis etwa plus/minus 60Grad steigt die Spannung fast linear zur Kursabweichung, dann
sinkt sie wieder, behält aber die Polarität bis 180Grad bei. Also bis zum Gegenkurs.
Der KMZ10 benötigt aber immer ein Vormagnetfeld um eine definierte
Polarität  zu erhalten. Das Magnetfeld der Kompassnadel ist
schwach und ein kräftiges Magnetfeld polt den KMZ10 einfach um und das
Boot würde aus dem Kurs gesteuert.

Die 4 Anschlüsse zeigten nun genau nach Ost oder West und wurden nach oben gebogen
und mit 4 flexiblen dünnen isolierten Kupferlitzen verlötet.  Der Kompass soll ein einfacher,
aber ölgedämpfter (Vorsicht Öl)  Sportkompass sein, an dem man die Windrose drehen kann.
Mit dieser verstellbaren Windrose wird dann auch der angeklebte Sensor KMZ10 gedreht
und man kann hiermit den gewünschten Kurs einstellen.
Der Kompass muss kardanisch auf gehangen um eine sicher und stabile Funktion zu
erhalten.  Hier geht alles was sich leicht in zwei Achsen dreht. Ich habe von meinem Sohn für
den ersten Autopiloten Legospielzeug genommen und noch nichtmal zusammengeklebt.
Wenn möglich, den Kompass nicht in die Nähe von eindrätigen Leitungen
bringen die einen hohen Strom führen oder Dauermagneten, wie Lautsprecher,
Türmagnete usw.  .  Parallele Leitungen mit Hin-und Rückfluß sind fast unwirksam,
weil sich ihr Magnetfeld duch die entgegengesetzte Stromrichtung aufhebt. 
Ein einzelner Draht auf dem Kompass der mit einigen 100mA druchflossen wird läßt
die Kompassnadel parallel  zum Draht stellen.  Man könnte also mit einem Kompass
oder dem KMZ10 einen Gleichstrom messen ohne in die Schaltung einzugreifen!
Aber die Hauptanwendung des KMZ10 dürfte im Abgreifen eines Drehwinkels liegen.   

hier das pdf-Datenblatt 

Das zweite Problem "Steuermotor" wurde mit einen Schubstangenmotor, auch
Actuator genannt, von einem Satellitenspiegel preiswert und ohne großen Aufwand gelöst. 
Je nach Größe kosten sie so etwa Euro 40,- bis 60,-.
Dieser Motor läuft ab etwa 4V an und wird sonst normalerweise vom Satellitenreceiver bis 36V
betrieben.  Eine automatische einstellbare Abschaltung für den Rechts- und Linksanschlag ist 
vorhanden und schützt damit Autopilot und Boot.
Diese Schubstangenmotoren sind sehr kräftig, aber langsam und eignen sich auch für
größere Boote. Ich habe den Steuerarm des Motors an dem Ruder einer Neptun 24 im Abstand
von etwa 15cm vom Ruderdrehpunkt  montiert.  Das Befestigungsauge wird durch einen
Gummizug nach unten auf die Ruderbefestigung gezogen, so daß mit einem Griff der Autopilot
vom Ruder gehoben bzw. raufgesetzt werden kann. Die dazugehörige drehbare Halterung
des Motors ist hier von Vorteil.  

Hier mal ein paar Daten des meines Stangenmotors bei 12V.
Der Anlaufstrom des Motors ist  etwa 0,6A und reduziert sich nach dem Anlaufen auf etwa
0,4A bis 0,5A.  Falls die Stärke oder Schnelligkeit nicht ausreicht, dann könnte man auch
den Motor und die Schaltung bis 36V betreiben.  Diese 36V, oder vielleicht nur 24V, müßten
an Bord aber schon vorhanden sein oder erst mit einem Transverter oder zusätzlicherm
Akku erzeugt werden. Der erste Test hat aber gezeigt das die 12V Bordspannung
ausreichend ist.  Man kann für den gesamten Autopiloten mit einem durchschnittlichen
Stromverbrauch von etwa 0,2A rechnen.
Stangenmotor

Das nächste Problem "Elektronik" sollte für mich als alter Elektroniker mehr ein Vergnügen
sein. Aber so leicht war die Sache dann doch nicht, wie sich bald herrausstellte.
Mit einem OPV TL082  wird das Ausgangssignal des KMZ10 auf etwa den 200fachen Wert
also auf 46dB verstärkt.  Aus 20mV werden 4V.  Man erhält so einen linear auswertbaren
Kurs von etwa plus/minus 30Grad. Den Rest der Schaltung hatte ich mit einem zweiten
OPV, 2 Transistoren und ein IC "A2030" gebaut. Elektronisch funktionierte die Schaltung
wie ich sie mir ausgedacht hatte. Aber ich hatte falsch gedacht und so lief das Boot
auch nach einigen Versuchen aus dem Kurs. Der A2030 hatte auch einen zu großen
Spannungsverlust und der Motor drehte zu langsam.
Meine verbesserte Schaltung war auch nicht berauschend, denn das Boot fuhr einen ständigen Schlingerkurs auch ohne das eine Welle zu sehen war.
backbord - steuerbord - backbord - steuerbord- usw.  Einige Skipper dachten wohl ich
hatte zu viel Blut im Alkohol. Ich mußte also nochmal gründlich überlegen, wie ich als
Steuermann zu ersetzten war.
Auch durch eine angepaßte Langsamkeit der Mechanik und Elektronik ließ sich dieser
unerwünschte Effekt nur minimieren aber nicht illiminieren.
Ich habe nun mit wenigen Bauelementen ein Verhalten erzeugt, welches das Boot relativ
ruhig einen geraden Kurs fahren läßt.  Ich habe mich gefragt:
Wie steuere ich denn das Boot? Es ist nicht einfach seine eigenen Steuerbewegungen
zu beschreiben. Also die Frage:  Wann bewege ich das  Ruder nach rechts und links,
mit welcher Stärke, zu welcher Zeit, wie lange und unter welchen Bedingungen? 
Die Antwort muß dann nur noch auf die Elektronik übertragen werden.  

Die erste nicht optimale Schaltung

Das Geheimnis eines Steuermanns